Adrian Frutiger

Schweiz (*1928; † 2015)

Adrian Frutiger war ein Schweizer Schriftgestalter. Er zählt zu den massgebenden Schöpfern der Schweizer Typografie. Er wurde im schweizerischen Bergdorf Unterseen im Berner Oberland geboren. Dort hat er auch die Schule besucht.

Frühe Lehrjahre

Als Kind wollte Adrian Frutiger unbedingt Architekt oder Bildhauer werden. In seiner ländlichen Heimat gab es jedoch keine Möglichkeiten, entsprechende Studien zu betreiben oder mit einschlägigen Kreisen Kontakt aufzunehmen. Im Nachbardorf aber lebte der Zeichenlehrer und Autor Ernst Eberhard, der spannende Kinderbücher schrieb. Eines davon handelte von einem Jungen, der begabt war im Zeichnen und Maler werden wollte. Er geriet an einen Maler, der hauptsächlich Landschaften und Berge malte. Dieser ermöglichte ihm Studien und eine Ausbildung und nahm ihn mit nach Italien. Dort trennten sich ihre Wege und der Junge wurde Freskomaler und Glasfenstermaler. Fasziniert von diesem Werk schreibt Frutiger Eberhard einen Brief, in dem er den Autor fragte, wie die Geschichte denn weiterginge. Eberhard antwortete prompt und machte Frutiger darauf aufmerksam, er müsse zwischen Dichtung und Realität unterscheiden. Dann ermunterte er den jungen Burschen, ihn zu besuchen und auch seine Zeichnungen mit zu bringen. Selbst Jahrzehnte später erinnerte sich Frutiger noch an diesen Kontakt, der ihm viel bedeutet hat.

Ausbildung und Studium

Frutigers Vater war ein Handweber und ein pragmatischer Mann. Er verlangte von seinem Sohn, zuerst einen handfesten, richtigen Beruf zu erlernen – danach könne er machen, was er wolle. Sollte der junge Adrian etwa Konditor werden? Sein Lehrer Eberhard wusste Rat. Die vierjährige Lehrzeit von 16 bis 20 Jahren, so Eberhard, sei enorm wichtig, denn diese Zeit sei besonders prägend. Eberhard war mit einem Buchdrucker befreundet, den er nach einer Lehrstelle fragte. Dieser stellte Frutiger sofort ein. Seinen Wunsch, Architekt oder Bildhauer zu werden, vergaß Frutiger aber nie. In der Buchdruckerei war Frutiger für das Einsetzen der Buchstaben zum Drucken zuständig.

Die Tätigkeit des Schriftsetzers machte ihm klar, wie großartig die Möglichkeiten durch Gutenbergs Entdeckungen waren, denn sie machten das Verbreiten und Lesen von Botschaften in allen Sprachen möglich. Damit hatte Gutenberg den Intellekt der Welt um einen gigantischen Sprung bereichert: Aus mündlicher Sprache, die die Anwesenheit des Urhebers und die Gleichzeitigkeit erforderte, wurde das zeitlich versetzte Lesen, das auch nicht mehr ortsgebunden war. Der Buchstabe, dieses abstrakte Zeichen und Bild, wurde Frutigers Leidenschaft. Also beschloss er, Schrift-Designer zu werden. Viele Bücher über die Schrift verschlang Frutiger daraufhin und unterrichtete sich selbst in Kalligraphie. Sein Wille war stark, sein Entschluss blieb fest.

Nach der Zeit als Schriftsetzer wechselte er an die Kunstgewerbeschule Zürich, um sein Ziel zu verfolgen. Er zeigte seine Kalligraphien und Zeichnungen vor und studierte Schriftentwerfer. Hierfür war eine spezielle Ausbildung notwendig. Er bekam Alfred Willimann und Walter Käch als Lehrer und wurde in Kalligraphie und Schriftzeichnen unterrichtet. Er belegte aber auch drucktechnische und andere Kurse, z. B. im Naturzeichnen, Holzschnitt, Stich u. v. m. Seine Abschlussarbeit beschäftigte sich mit der Entwicklung der abendländischen Schrift.

Verdienste um die Welt der Schrift

Nach seiner Studienzeit bekam er Arbeit als Grafiker in Zürich. Dann lockte die weite Welt: In der französischen Schriftgießerei Deberny & Peignot in Paris arbeitete er zehn Jahre. Dann gründete er sein eigenes Grafikatelier in der Nähe der französischen Hauptstadt. Seine Partner waren André Gürtler und Bruno Pfäffli. Nebenbei unterrichtete Frutiger an der École Estienne und an der École Nationale Supérieure des Arts Décoratifs. Erst 1992 zog er wieder in die Nähe von Bern.

Zu seinen bekanntesten Schriften gehört Univers. Das ist eine Linear-Antiqua-Schrift ohne Serifen. Für den Pariser Flughafen Charles de Gaulle entwarf er die Schrift Roissy, die als Vorform der späteren Frutiger-Schrift gilt. Aber auch die Avenir, die Serifa, die Meridien und die Centennial zählen zu Frutigers Werk. Die OCR-B ist für die Lesbarkeit durch Maschinen optimiert und wurde 1973 als ISO-Standard ausgezeichnet. Sein Buch „Der Mensch und seine Zeichen“ wird bis heute von zahlreichen seiner Schüler als Standard in der Zeichentheorie gepriesen. Es dient der grafischen Praxis, beispielsweise für Logo-Designer. Es gibt sieben Übersetzungen des Buches. Seit 2003 werden die schweizerischen Verkehrsschilder mit den Schriften ASTRA-Frutiger Standard und ASTRA-Frutiger Autobahn verfasst.

Privatleben

Frutigers Privatleben stand nicht immer unter einem günstigen Stern. Seine erste Ehefrau Paulette Flückiger starb im Jahr 1954 bei der Geburt ihres Sohnes Stéphane. Ein Jahr später heiratete Frutiger Simone Bickel. Sie starb im Jahr 2008. Aus dieser Ehe gingen zwei Töchter hervor, die beide im Alter von 20 bzw. 16 Jahren freiwillig aus dem Leben schieden. Frutiger und seine Frau gründeten daraufhin eine Stiftung, die sich für neuropsychologische und neuropsychiatrische Forschung einsetzt.

Im Rückblick befand Frutiger, das Leben habe ihn stets an den richtigen Platz gestellt, damit er sein Bestes geben konnte.


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